Vorwort – Martin Albisetti

Ich wurde in der Stadt am südlichen Fuss des Juras geboren und bin dort aufgewachsen – dort, wo die französische auf die deutschsprachige Mentalität trifft und wo von November bis Februar eine Decke aus Hochnebel jeden vernünftigen Menschen vertreibt. Es war Jörg Steiners Novelle „Der Kollege“, die mich mit meiner Stadt versöhnte. Er benannte in schlichter Prosa, was hier niemand je zugeben würde: Wir sind eine arme Arbeiterstadt. Seit 20 Jahren versuche ich, dieses Gefühl filmisch einzufangen. In diesem Werk verknüpfe ich Menschen aus dem Alltag mit Steiners Erzählung und verwische bewusst die Grenzen zwischen Inszenierung, Improvisation und Dokumentation.

Für 10 Tage Ende Januar 2018 habe ich den Film mit einer minimalen Besetzung und Crew gedreht, um mich so frei wie möglich von Konventionen zu lösen – in Schwarz-Weiss und aus Plüss’ Perspektive, als Beobachter von Geschehnissen, die dem flüchtigen Auge verborgen bleiben. Meine Hommage an die Stadt, in der ich lebe und arbeite.

Martin Albisetti bespricht eine neue Szene in der Bibliothek mit den Hauptdarstellern. Foto von Peter Blaser